Neukomm, Berta (1919-)--DB2549

Neukomm, Berta (1919-)--DB2549

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Person

Lebensdaten

24.11.1919-

Mädchenname, Herkunftsort bzw. Heimatort

Horben im Diemtigtal

Zivilstand, Konfession, Nachkommen

Soziale Herkunft, verwandtschaftliche Beziehungen

Ausbildung, berufliche Tätigkeit und Funktionen in der Öffentlichkeit

Ausbildung

Soziale Frauenschule in Zürich 1948-1950; Bezirksschule in Matzendorf, Solothurn; Primar- und Sekundarschule in Erlenbach

Berufsausübung

Jugendamt des Kanton Bern: Adjunktin; Jugendanwaltschaft Spiez: Sozialarbeiterin und Sekretärin

Funktionen in landwirtschaftlichen Institutionen

Ökonomische und gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern (OGG): Sekretärin Kommission für Gemeinnützigkeit 1973-1984, Kassierin Kommission für Gemeinnützigkeit 1982-1990; Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG): Mitglied des Zentralvorstandes

Funktionen in anderen Institutionen

Funktionen in der Politik

Biographische Skizze

Für eine wie sie, von unterprivilegierter Herkunft und erst noch in eine schwierige Zeit hineingeboren, war der Weg zur Sozialarbeiterin und zur Adjunktin des Jugendamtes des Kantons Bern gewiss nicht vorgezeichnet. Die Frau, die ihn trotzdem zurückgelegt hat, steuerte mit Sachverstand und sozialem Engagement von 1973 bis 1984 die Kommission für Gemeinnützigkeit der OGG durch eine schwierige Zeit interner Umbrüche. Für ihr Wirken erhielt Berta Neukomm 1992 von der OGG die silberne Verdienstmedaille.

'Du solltest später die Frauenschule besuchen', riet ihr eine gute Bekannte der Familie, wobei sie wohl eher an die Hauswirtschaftsschule dachte als an die Soziale Frauenschule in Zürich. Doch genau von der heutigen Fachhochschule für Soziale Arbeit handelte ein Zeitungsartikel, den Berta Neukomm sorgfältig aufbewahrte. Als drittes von sechs Kindern einer Bergbauernfamilie in der Bäuert Horben im Diemtigtal geboren, schien für sie eine höhere Ausbildung in Zürich jedoch schier unerreichbar. Horben liegt auf rund 1000 Meter über Meer und zählt zu den 'Schattseitenbäuerten'. Neukomms waren in den Zwischenkriegsjahren denn auch gezwungen, den Hof aufzugeben, und mussten im Solothurner Jura, wiederum als Bergbauernfamilie, neu anfangen.

Bertas Arbeitskraft war auf dem elterlichen Hof unentbehrlich, solange die jüngeren Geschwister noch zur Schule gingen. Erst kurz vor dem Zweiten Weltkrieg bot sich ihr die Gelegenheit wegzuziehen. Sie kam als Aushilfskraft in einem Käsereibetrieb in Aarberg unter, wo sie bis nach dem Krieg blieb. Dann aber bestellte sie die Unterlagen der Sozialen Frauenschule Zürich und bat die Rektorin um ein Gespräch, weil sie mit ihrer schulischen Ausbildung die Eintrittsbedingungen nicht erfüllte. Auch beruflich hatte sie kaum Erfahrungen im sozialen Bereich vorzuweisen. Marguerite Schlatter, promovierte Juristin, als erste Frau im Kanton Zürich Jugendanwältin im Bezirk Horgen und von 1934 bis 1960 Rektorin der Sozialen Frauenschule, ermöglichte Berta Neukomm dennoch diesen Zugang zu einer höheren Ausbildung. Einzige Bedingung war die Absolvierung eines Praktikums im sozialen Bereich. Das Praktikum führte sie zur Jugendanwaltschaft Spiez – Bertas Vater war mit dem Jugendanwalt Woldemar Widmer befreundet. Die Soziale Frauenschule schloss Berta Neukomm im Dezember 1949 mit einer Arbeit über 'Die Fürsorgetätigkeit im Berner Oberland. Organisation und Ausbaumöglichkeiten' ab. Darin hielt Neukomm bereits fest, was ihre ganze weitere Tätigkeit prägen sollte: 'Eine Zersplitterung und Vielspurigkeit kann deshalb nur durch Koordinierung gebannt werden.'

Die Jugendanwaltschaft Spiez diente Neukomm erneut als Sprungbrett, obwohl sie hier eigentlich ihre Traumstelle gefunden hatte. Sie amtete zwölf Jahre als weit umher geschätzte Sozialarbeiterin und rechte Hand ihres ehemaligen Praktikumsleiters, bevor dieser ihr nahe legte, sich auf die Stelle als Adjunktin des Jugendamtes des Kantons Bern zu bewerben – was sie mit Erfolg auch tat. In dieser Funktion hatte sie die Oberaufsicht über das Pflegekinderwesen und die privaten Kinderheime des Kantons. Sie war zuständig für die Beratung der Gemeindebehörden und gleichzeitig Anlaufstelle für Rekurse der Vormundschaftsbehörden. Viel Energie investierte sie in die Förderung der privaten Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, in den Ausbau der Jugendämter im ganzen Kanton und insbesondere in den weiteren Ausbau der Elternbildung. Auch als Adjunktin führte sie persönlich diverse Vormundschaften und leistete Einzelfallhilfe für Familien. In den 1970er-Jahren holte sie Hanni Waeber, die über mehrere Jahrzehnte das Sekretariat der Kommission für Gemeinnützigkeit geführt hatte, in die OGG und schlug sie als ihre Nachfolgerin vor.

Das Sekretariat der Kantonalen Kommission für Gemeinnützigkeit der OGG nahm drei Hauptaufgaben wahr: Zunächst die Organisation der jährlichen Kommissionssitzung, die seit 1948 mit dem Besuch einer gemeinnützigen Institution verbunden war. Besuchsziele in Neukomms Amtszeit waren unter anderem das Schulungs- und Arbeitszentrum für Behinderte der Region Burgdorf (1975) und die von der OGG mitbegründete Höhenklinik Heiligenschwendi (1977). Ausserdem wurde jährlich eine grosse, öffentliche Tagung zu einem aktuellen sozialpolitischen Thema in Bern organisiert. In Referaten von Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft und Politik wurden u.a. Themen wie 'Das Drogenproblem' (1972), 'Zukunftsangst – Zukunftshoffnung' (1978) und 'Schule und Berufsausbildung' (1980) erörtert und zur Diskussion gestellt. Und schliesslich verwaltete die Kommission zwei zweckgebundene Stipendienfonds (Fellenberg-Stiftung und Hodel-Legat). Die Unterstützungsmöglichkeiten waren allerdings gering, worüber sich die Kommission bei der OGG wiederholt beklagte.

Berta Neukomms Amtszeit verlief von aussen betrachtet unspektakulär. Innerhalb der Kommission für Gemeinnützigkeit aber rumorte es. Insbesondere mit der 1978 eingeführten Amtszeitbeschränkung für die Mitglieder aller OGG-Kommissionen musste auch die Kommission für Gemeinnützigkeit viele Austritte hinnehmen. Sinn und Zweck ihrer Tätigkeit schienen in Frage gestellt: 'Braucht es im modernen Sozialstaat, der sich allem – von der Wiege bis zur Bahre – annimmt, noch eine Kommission für Gemeinnützigkeit', fragte Präsident Knuchel, Paul--DB1942. Die Kommission antwortete im folgenden Jahr mit einer Tagung zum Thema 'Grenzen des Sozialstaates' (1983). Für Berta Neukomm waren die vielen Austritte Ende der 1970er-Jahre Anlass, den besonderen Status der Kommission in Erinnerung zu rufen, indem sie rhetorisch festhielt: 'Einigen unter uns ist vermutlich nichts von der 1890 erfolgten Fusion der Oekonomischen Gesellschaft des Kantons Bern und der Gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Bern bekannt.'

Die 1811 gegründete Gemeinnützige Gesellschaft war die bernische Sektion der 1810 entstandenen Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft, die Stiftungen wie Pro Juventute, Pro Senectute oder die Berghilfe ins Leben gerufen hat. 1890 wurden die beiden Gesellschaften auf kantonaler Ebene zusammengeführt: Die Oekonomische Gesellschaft wurde nun zur OGG. Über die damit einhergegangene Statutenrevision zeigte sich Berta Neukomm, die auch Mitglied des Zentralvorstandes der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) war, in einem Papier zum internen Gebrauch noch in den 1970er-Jahren enttäuscht. Die in den Vorverhandlungen versprochene Sonderstellung der Gemeinnützigkeit kam in den neuen Statuten nämlich nur sehr vage zum Ausdruck. Zwar wurde eine Kommission (die spätere Gemeinnützige Kommission) geschaffen, die sich der gemeinnützigen Bestrebungen annehmen und die Arbeit der aufgelösten 'Gemeinnützigen' innerhalb der OGG weiterführen sollte. An den primär wirtschaftlichen Zielsetzungen der OGG änderte dies aber nach Einschätzung von Berta Neukomm nichts Grundlegendes. Erst ein Geschäftsreglement vom 14. Januar 1908 benannte die besondere Aufgabe der Kommission als 'Zentralstelle der gemeinnützigen Vereine und Gesellschaften der OGG im Kanton Bern'.

Berta Neukomm widmete einen wesentlichen Teil ihres Lebens gemeinnütziger Arbeit und erwies sich in erster Linie als begabte Koordinatorin sowie – ihrer Zeit voraus – als frühe 'Netzwerkerin'.

Quellen und Literatur

Eigene Publikationen

Quellen

  • AfA Personendossier Nr. 443
  • Iseli, Andrea: 'Fürsprecherin der Gemeinnützigkeit - Berta Neukomm (1973)', in: Stuber, Martin (et al.) (Hrsg.): Kartoffeln, Klee und kluge Köpfe. Die Oekonomische und Gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern OGG (1759-2009). Bern, Stuttgart, Wien, 2009, S. 235-238

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Suisse - SchweizKanton BernOekonomische und Gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern (OGG)

Neukomm, Berta (1919-)--DB2549

Neukomm, Berta (1919-)--DB2549 .