Erlach, Ludwig Robert von (1794-1879)--DB962

Erlach, Ludwig Robert von (1794-1879)--DB962

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Person

Lebensdaten

25.08.1794-19.06.1879

Mädchenname, Herkunftsort bzw. Heimatort

Hindelbank

Zivilstand, Konfession, Nachkommen

Verheiratet mit Marie Anna Escher vom Berg

Soziale Herkunft, verwandtschaftliche Beziehungen

Sohn des Generalmajors Karl Ludwig von Erlach

Ausbildung, berufliche Tätigkeit und Funktionen in der Öffentlichkeit

Ausbildung

Berufsausübung

Grundeigentümer in Hindelbank

Funktionen in landwirtschaftlichen Institutionen

Ökonomische und gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern (OGG): Präsident 1839-1841 und 1846; Mitbegründer des Wochenblatts für Landwirtschaft und Gartenbau, Mitarbeiter 'Landwirtschaftliche Zeitung' Fachgebiet Allgemeine landwirtschaftliche Praxis

Funktionen in anderen Institutionen

Oberamtmann von Konolfingen 1825-1831; Oberstleutnant

Funktionen in der Politik

Verfassungsrat 1831; Grossrat 1824-1831 und 1838-1852

Biographische Skizze

Ludwig Robert von Erlach war ein Pionier des Ackerbaus. Sein Berufsleben lang verfolgte er dessen Entwicklung im In- und Ausland und erprobte, der Oekonomischen Gesellschaft Bericht erstattend, auf seinem Landgut in Hindelbank die verschiedensten Neuerungen. 1855 repräsentierte er nolens volens an der internationalen Viehausstellung in Paris die landwirtschaftlichen Vereine der Schweiz – und verfasste darüber einen bemerkenswerten Bericht. Hinter seiner Tätigkeit als Landwirt und autodidaktischer Agronom steht ein für ihn schmerzhaftes politisches Ereignis: der Sturz des Berner Patriziats, der seiner standesgemässen Karriere ein frühes Ende setzte. Am 10. Januar 1831 versammelten sich rund 1200 Anhänger der liberalen Volksbewegung in Münsingen. Vor Ort war auch der Oberamtmann (heute Regierungsstatthalter) des Amtsbezirks Konolfingen: der 36-jährige Ludwig Robert von Erlach. Sein Vater, Generalmajor Karl Ludwig von Erlach, hatte 1798 das alte Bern militärisch verteidigt und war dabei von eigenen Soldaten getötet worden. Der Sohn kämpfte auf dem politischen Parkett ähnlich glücklos. Vergeblich widersetzte er sich in Münsingen der Forderung nach einer neuen Verfassung. Auch im Verfassungsrat, in den er am 9. Februar 1831 von den Wahlberechtigten seines Bezirks gewählt wurde, stand er mit seinem Widerstand auf verlorenem Posten: Die Stimmberechtigten nahmen die neue Verfassung an. Nachdem er in der Berner Milizarmee im Januar 1832 den Eid auf die neue Verfassung verweigert hatte, wurde von Erlach vom Oberstleutnant zum Soldaten degradiert, musste aber weiterhin Dienst leisten. Damit war seine politisch-militärische Karriere weitgehend beendet. Er zog sich auf seinen Landsitz zurück und widmete sich fortan ganz seiner eigentlichen Leidenschaft: dem Ackerbau und – später – der Genealogie. Schon am 11. April 1825 hatte von Erlach zusammen mit anderen führenden Vertretern der Oekonomischen Gesellschaft Versuche mit englischen, schottischen, belgischen, aargauischen und bernischen Pflügen durchgeführt. Diese Pflugproben dienten nicht nur der Demonstration, sondern auch dem Verkauf; man konnte an Ort und Stelle die erfolgreichsten Modelle bestellen. Ähnliche Maschinenproben sollten später weite Verbreitung finden. In seinem Bericht über die Pflugprobe von 1825 zitiert von Erlach auch einschlägige ausländische Literatur. Mit grossem Eifer informierte er sich auf Reisen und in Büchern und Zeitschriften über die Entwicklung der europäischen Landwirtschaft. Zuhanden der Oekonomischen Gesellschaft verfasste er Rezensionen neuer Werke zu landwirtschaftlichen Themen. Die von ihm vererbte Privatbibliothek wurde zu einem der Kernbestände der Bibliothek der Gesellschaft. Seine Bekanntheit als Landwirtschaftsexperte verhalf Erlach 1855 zu einem ehrenvollen Auftrag seitens des liberalen Bundesstaates. Am 26. Mai erhielt nämlich Bundespräsident Jonas Furrer einen Brief des französischen Gesandten in Bern: Die Regierung in Paris bat um die Entsendung eines Vertreters der landwirtschaftlichen Vereine in der Schweiz ins Preisgericht der internationalen Viehausstellung und erwartete seine Ankunft spätestens am 3. Juni. Noch am gleichen Tag wählte der Bundesrat von Erlach zum offiziellen Schweizer Vertreter und nahm mit ihm Kontakt auf. Von Erlach versuchte, den Bundesrat umzustimmen, denn er sah sich selbst nicht als Viehkenner, sondern als Ackerbauspezialisten. Doch die Landesregierung beharrte auf ihrem Vorschlag und von Erlach brach am 31. Mai nach Paris auf, wo er am 1. Juni spätabends eintraf und sich bei der Schweizer Botschaft meldete. Inzwischen hatte das französische Ministerium für Ackerbau bereits einen in Paris weilenden Berner, den Viehzüchter und Landwirt Johann Jacob Karlen aus Diemtigen, ins Preisgericht berufen. Trotzdem nahmen die Veranstalter auch von Erlach auf und wählten ihn sogar zum Vizepräsidenten der Jury. Neben den französischen und je einem englischen, schottischen, irischen und holländischen Vertreter bewerteten also zwei Mitglieder der Oekonomischen Gesellschaft das vorgeführte Vieh. Die Verhandlungen des Preisgerichts erfolgten in englischer Sprache. Ludwig Robert von Erlach verband seine offizielle Mission mit einer Besichtigung der Ackerbauschule Grignon in der Nähe von Versailles. Die 1832 gegründete Anstalt war eine der bekanntesten ihrer Art und zog Landwirte und Agronomen aus ganz Europa an. Von Erlach nutzte später in seinem Bericht an den Bundesrat die Gelegenheit, um einem Anliegen der Oekonomischen Gesellschaft, der Etablierung der Landwirtschaft als akademischer Disziplin, Gehör zu verschaffen: 'Bei diesem Anlass erlaube ich mir, den Wunsch Vieler auszudrücken, dass in der eidgenössischen polytechnischen Schule für landwirtschaftlichen Unterricht gesorgt, d.h. eigene Kurse für Anwendung der Naturwissenschaften und der Mathematik auf Landwirthschaft, und ein eigenes landwirthschaftlich-chemisches Laboratorium gestiftet werden möchten.' 16 Jahre später sollte dieser Wunsch dann in Erfüllung gehen.

Die Ackerbauschule Grignon hielt neben Ayrshire-Kühen aus England auch Schweizer Braunvieh. Der Viehexport war denn auch der Grund, warum sich der zweite Berner im Preisgericht, Karlen, in Paris aufhielt. Er besuchte zusammen mit Gustav von Herrenschwand die Ausstellung im Auftrag der Berner Regierung, um Lehren für die eigene Zucht zu ziehen und neue Handelskontakte zu knüpfen. Kurz nach ihrer Rückkehr veröffentlichten Karlen und Herrenschwand ebenfalls einen Bericht. Die Berner hätten in Paris gar nicht ihre besten Tiere präsentiert, heisst es darin, aber die Ausstellung habe trotzdem den guten Ruf des Berner Viehs im Ausland erneuert und den Verkauf angekurbelt. Das Instrument der den Absatz fördernden Ausstellungen kannte die Oekonomische Gesellschaft in Bern schon länger. Bereits 1804 hatte sie die landesweit erste einer ganzen Reihe von Gewerbeausstellungen veranstaltet. Und ab 1847 führte sie landwirtschaftliche 'Produkte- und Geräteschauen' durch.

Von Erlach benötigte für seinen 'Bericht an den hohen Bundesrat' mehr Zeit: Er verarbeitete darin aber neben seinen Erlebnissen in Paris gleich auch die Lektüre von 16 Bänden landwirtschaftlicher Literatur, die ihm der französische Generalinspektor für Ackerbau nachträglich zugesandt hatte. Sein Rapport erschien deshalb erst sechs Monate nach der Ausstellung. Die Bundeskanzlei fertigte ihn in drei Landessprachen aus. Neben den Kantonen erhielten auch zahlreiche Private ein Exemplar. Die Oekonomische Gesellschaft bestellte 200 Exemplare und druckte den Bericht auch in ihren Mitteilungen ab. Der Ackerbauspezialist hatte seine unverhoffte Feuerprobe als Viehzuchtexperte bestanden, und wie: 1902 bezeichnete Kraemer, Adolf (1832-1910)--DB2000, der erste Professor für landwirtschaftliche Betriebslehre und Tierproduktion am Polytechnikum in Zürich von Erlachs Bericht als erste ernst zu nehmende und immer noch aktuelle Abhandlung über die Schweizer Viehzucht. Trotz der Anerkennung als Agrarexperte ist Ludwig Robert von Erlachs Leistungsausweis als praktischer Landwirt umstritten, musste er die eigenen Betriebe doch aus wirtschaftlichen Gründen verkaufen. Bereits 1851 war sein Gut in Hindelbank mit hohen Schulden belastet. 1866 – im Alter von 72 Jahren – verkaufte er das Schloss, heute Sitz der Frauenstrafanstalt, an den Kanton, der es in eine Armen- und Pflegeanstalt umwandelte. Das Landwirtschaftsland erwarben die grösseren Hindelbanker Bauern, die von Erlach 1875 auch dessen Mustergut Löwenburg im Amtsbezirk Delsberg abkauften, das heute der Christoph-Merian Stiftung gehört und eine zeitlang von Faessler, Paul (1916-2009)--DB983 bewirtschaftet wurde.

Autoren: Daniel Flückiger und Peter Moser

Quellen und Literatur

Eigene Publikationen

  • Berner Blätter für Landwirthschaft 1848-1855

Quellen

  • Erlach, Hans-Ulrich von 1981/82: Ludwig Robert von Erlach von Hindelbank (1794-1879), in: Burgdorfer Jahrbuch 1981, S. 17-86; 1982, S. 13-77
  • Tätigkeitsbericht OGG 1982/83, S. 7-12 (von Hermann Wahlen)
  • Kartoffeln, Klee und kluge Köpfe. Die Oekonomische und Gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern OGG (1759-2009). Herausgegeben von Martin Stuber, Peter Moser, Gerrendina Gerber-Visser und Christian Pfister, unter Mitarbeit von Dominic Bütschi, Bern-Stuttgart-Wien 2009

Schlagworte

Suisse - SchweizKanton BernOekonomische und Gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern (OGG)

Erlach, Ludwig Robert von (1794-1879)--DB962

Daniel Flückiger, Erlach, Ludwig Robert von (1794-1879)--DB962 .