Kellerhals, Johann Otto (1870-1945)--DB1892

Kellerhals, Johann Otto (1870-1945)--DB1892

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Person

Lebensdaten

20.05.1870-24.04.1945

Mädchenname, Herkunftsort bzw. Heimatort

Niederbipp

Zivilstand, Konfession, Nachkommen

Verheiratet mit Kellerhals, Anna (1871-1966)--DB1889; Vater von Kellerhals, Hans (1897-1966)--DB1891, Kellerhals, Otto (1901-1990)--DB1893, Kellerhals, Arnold (1904-1975)--DB9133 und Rudolf Kellerhals

Soziale Herkunft, verwandtschaftliche Beziehungen

Ausbildung, berufliche Tätigkeit und Funktionen in der Öffentlichkeit

Ausbildung

Welschlandjahr 1886; Sekundarschule in Langenthal; Primarschule in Aarwangen

Berufsausübung

Strafanstalt Witzwil: Direktor 1891-1937 (als Vorgänger von Kellerhals, Hans (1897-1966)--DB1891); Anstalt St-Johannsen am Zihlkanal: Adjunkt 1891

Funktionen in landwirtschaftlichen Institutionen

Ökonomische und gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern (OGG): Ehrenmitglied, Vorstandsmitglied, Mitglied in der Kommission für Pferde-, Rindvieh- und Kleinviehzucht sowie der Kommission für Schweinezucht

Funktionen in anderen Institutionen

Dr. h. c. Universität Zürich

Funktionen in der Politik

Biographische Skizze

Otto Kellerhals gehörte nicht nur dem OGG-Vorstand an, sondern arbeitete auch in deren Kommission für Pferde-, Rindvieh- und Kleinviehzucht sowie, nach der Reorganisation der OGG, in der Kommission für Schweinezucht mit. Zudem trat er für die OGG auch immer wieder als Referent zu sozialpolitischen Fragen auf, so zum Beispiel am 6. März 1928, als er über 'Fürsorgeprobleme aus dem Gefängniswesen' sprach. Nach seinem Tod 1945 bezeichnete die OGG ihn als 'hervorragenden Fachmann des modernen Strafvollzugs und der Entlassenenfürsorge sowie als Kenner der Landwirtschaft und der Moorkultur'.

Dabei waren die Voraussetzungen für ein Gelingen von Kellerhals’ vielfältigen Plänen bei seinem Amtsantritt alles andere als günstig. Ein humaner Strafvollzug für 'korrektionelle Gefangene' war erst im Entstehen begriffen und die mit der ersten Juragewässer-Korrektion 1868 in Angriff genommenen Meliorationsarbeiten waren zuerst vor allem durch Misserfolge geprägt. Der Erlacher Amtsnotar Friedrich Emanuel Witz hatte zusammen mit alt Bundesrat Jakob Stämpfli im Dreieck zwischen Gampelen, Ins und der Broyemündung 800 Hektaren Sumpfland erworben, um es später einer landwirtschaftlichen Nutzung zuführen zu können. Doch die zu diesem Zweck gegründete Gesellschaft musste 1879 den Konkurs anmelden und der Boden kam mangels anderer Interessenten an die Gläubiger von Witz. Diese waren wenig erbaut über das, was ihnen da zufiel. Der Boden und die bereits erstellten Entwässerungsanlagen und Gebäude waren in keinem guten Zustand. Und die neuen Eigentümer waren nicht in der Lage, die für eine grundlegende Verbesserung notwendigen Investitionen zu tätigen. Deshalb kaufte der Staat Bern 1891 den Nachlass von Witz, aber auch um die schon länger erwogene Verlegung der Strafanstalt in der Stadt Bern zu realisieren und den Boden in Witzwil mit Hilfe von Strafgefangenen landwirtschaftlich nutzbar zu machen.

Auf Antrag von Regierungsrat Alfred Scheurer, dem späteren Schwiegervater von Kellerhals, wurde 1891 der als Landwirt ausgebildete, in Sachen Gefängniswesen aber unerfahrene, erst 21-jährige Otto Kellerhals als Adjunkt der Anstalt St. Johannsen gewählt. Der Direktor von St. Johannsen führte ihn in den Strafvollzug ein. Schon am 21. März 1891 übersiedelte Kellerhals zusammen mit Sträflingen von St. Johannsen nach Witzwil. In der Folge wurden auch die stadtbernischen Strafgefangenen auf die sich formierende Domäne Witzwil verlegt. Die Behörden hatten hier bei der Urbarisierung von Sumpfland mit Sträflingen schon früher gute Erfahrungen gemacht. Vom Mai 1895 an war Kellerhals Verwalter der nun selbstständigen Anstalt, von 1906 bis zu seiner Pensionierung 1937 stand er ihr als Direktor vor. Mit viel Engagement begann er sich mit Moorkulturen zu beschäftigen, denen er schon auf seinen Reisen in Deutschland begegnet war. Der Strafvollzug hingegen war neu für ihn, hier war er nach der Verselbstständigung auch weitgehend auf sich allein gestellt.

In den 1890er-Jahren waren die Moorkulturen Gegenstand intensiver, internationaler wissenschaftlicher Forschungen. Mit einem Sechstel der in der ersten Juragewässerkorrektion entsumpften Fläche von rund 5500 Hektaren stand Kellerhals in Witzwil ein fast grenzenloses Übungsfeld zur Verfügung. Schon bald konnte er erste Erfolge vermelden. In der Folge wurde er zum eigentlichen Pionier in der Bewirtschaftung des Moorbodens im Berner Seeland. Er drainierte, pflügte und düngte mit den Angestellten und zahlreichen Strafgefangenen in den ersten zehn Jahren jährlich rund 50 Hektar Boden. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt wurden die ersten 36 Hektar Moosland gepflügt und angesät, 1910 waren bereits 720 der damals 973 Hektaren umfassenden Domäne Witzwil kultiviert.

Die Erträge in der Milchwirtschaft und im Ackerbau zeigen, wie sich auch der wirtschaftliche Erfolg einstellte. Vor Kellerhals’ Pensionierung wurden auf der Domäne über 700 Kühe, Rinder und Kälber, ebenso viele Schweine sowie 77 Pferde und viel Kleinvieh gehalten. Dies auf einer Fläche, wo 30 Jahre vorher hauptsächlich Kleinvieh auf Moor- und Sandboden geweidet hatte und Bauern vor allem Streue schnitten. Für die Strafanstalt Witzwil war der wirtschaftliche Erfolg wichtig, hatte der Staat doch schon 1895 erklärt, er wolle künftig keine zusätzlichen Mittel mehr in die Verbesserung der Entwässerungsanlagen investieren.

Obwohl Kellerhals in erster Linie Landwirt war, ging es ihm in Witzwil nicht nur um die Lebensmittelproduktion. Im Zentrum standen für ihn ebenso sehr die ihm anvertrauten Menschen, die er wieder in die Gesellschaft eingliedern wollte. Mit diesem Credo, das er in der Publikation 'Die Domäne und Strafkolonie Witzwil' auch schriftlich festhielt, hatte Kellerhals 1895 sein Amt angetreten. Er wollte jedem einzelnen Strafgefangenen durch 'die Beschäftigung im Freien' den 'Segen einer pflichtgetreuen Arbeit vor Augen führen'. So sehe er 'das Produkt seiner eigenen Tätigkeit wachsen und sich entwickeln', stellte er zufrieden fest. Einer der ehemaligen Witzwil-Häftlinge beschrieb Kellerhals' Grundhaltung denn auch mit den Worten: 'Arbeitsamkeit und Gottvertrauen, strenge Selbstdisziplin, Erziehung an sich selber, Arbeit auch am innwendigen Menschen'.

Kellerhals’ Arbeit fand auch in der Öffentlichkeit ein grosses Echo. An der Landesausstellung 1914 in Bern wurde über sein Wirken im Grossen Moos berichtet. Er habe es verstanden, 'aus dem Grossen Moos das zu machen, was es heute' sei. Seiner 'tatkräftigen und umsichtigen Leitung' sei es zu verdanken, dass der Staat Bern in Witzwil einen Musterbetrieb besitze, hiess es. In der wissenschaftlichen Abteilung der sechsten Schweizerischen landwirtschaftlichen Ausstellung von 1895 in Bern war schon seine Broschüre über die Domäne und Strafkolonie Witzwil ausgestellt worden.

Otto Kellerhals und seine beiden Söhne Hans und Otto waren typische Vertreter jener Landwirte und Agronomen, die in der Ausdehnung und Verbesserung der Ernährungsgrundlage im Innern des Landes die Basis für eine erfolgreiche Entwicklung der Industriegesellschaft sahen. Zu ihnen gehörten auch diejenigen Industriellen, die sich 1918 in der Schweizerischen Vereinigung für Innenkolonisation und industrielle Landwirtschaft zur 'Vermehrung der Bodenkultur' zusammenschlossen, um die Landwirtschaft zu einer 'Sache des ganzen Volkes' zu machen. Konkret ging es den Innenkolonisatoren um Bernhard, Hans (1888-1942)--DB297 um eine Ausweitung der inländischen Nahrungsmittelproduktion zur Sicherstellung der Ernährung einer rasch wachsenden Industriebevölkerung. Dieses Ziel verfolgten auch die Konsumgenossenschaften, die im gleichen Jahr die Schweizerische Genossenschaft für Gemüsebau (SGG) gründeten, die im unweit von der Domäne Witzwil gelegenen Kerzers ihren Hauptsitz hatte. Und ähnlich wie dort war es auch hier mit der Familie Keller eine Agronomen-Dynastie, die dem Unternehmen das Gepräge gab.

Autoren: Walter Thut und Peter Moser

Quellen und Literatur

Eigene Publikationen

Quellen

  • AfA Personendossier Nr. 346
  • Mischler, Ernst (Hrsg.): Aus Wissen und Glauben. Otto Kellerhals in Witzwil zum 70. Geburtstag. Bern 1940
  • Wir jungen Bauern. Schweizerische Zeitschrift für die bäuerliche Jugend, Oktober 1952
  • Schweizerische Landwirtschaftliche Monatshefte 23 (1945), S. 141-143
  • Kartoffeln, Klee und kluge Köpfe. Die Oekonomische und Gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern OGG (1759-2009). Herausgegeben von Martin Stuber, Peter Moser, Gerrendina Gerber-Visser und Christian Pfister, unter Mitarbeit von Dominic Bütschi, Bern 2009

Schlagworte

Suisse - SchweizKanton BernOekonomische und Gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Bern (OGG)Anstalten Witzwil

Kellerhals, Johann Otto (1870-1945)--DB1892

Walter Thut, Kellerhals, Johann Otto (1870-1945)--DB1892 .