Rödiger, Fritz (1824-1909)--DB2898

Rödiger, Fritz (1824-1909)--DB2898

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Person

Lebensdaten

18.03.1824-25.11.1909

Mädchenname, Herkunftsort bzw. Heimatort

Brombach, im sächsischen Vogtland, 1860 in Balm bei Messen eingebürgert

Zivilstand, Konfession, Nachkommen

Ledig

Soziale Herkunft, verwandtschaftliche Beziehungen

Der Vater war Schlossinspektor

Ausbildung, berufliche Tätigkeit und Funktionen in der Öffentlichkeit

Ausbildung

Studium an der Landwirtschaftlichen Akademie und staatswissenschaftlichen Fakultät in Jena 1843-1845

Berufsausübung

Kulturtechniker; Landwirt auf dem Weierhof in Bellach 1864-, vorher in Muri (AG)

Funktionen in landwirtschaftlichen Institutionen

Schweizerischer Alpwirtschaftlicher Verein (SAV): erster Sekretär 1863-1889 (zuerst gemeinsam mit Schluep, Adolf--DB3120, als Vorgänger von Strüby, Anton (1849-1923)--DB3508), Gründungsmitglied, Redaktor der Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Monatsblätter 1886-1889 (als Nachfolger von Schatzmann, Rudolf (1822-1886)--DB3066 und Vorgänger von Strüby, Anton (1849-1923)--DB3508); Verein schweizerischer Landwirte: Initiant und Gründungsmitglied 1856; 'Schweizer Bauernzeitung': Redaktor 1854-, Gründer

Funktionen in anderen Institutionen

Schweizerischer Verein für Homöopathie: Initiant 1869 (gemeinsam mit Fellenberg-Ziegler, Albert von (1819-1902)--DB1028)

Funktionen in der Politik

Biographische Skizze

Fritz Rödiger wurde im Zusammenhang mit seinem Engagement in der 1848er Revolution zu einer 13jährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Ende Juli 1850 floh er in die Schweiz, wo er sich zuerst im Kanton Schaffhausen, ab 1856 in Muri (AG) niederliess. 1864 erwarb Rödiger den Weiherhof in Bellach (SO), wo er fortan lebte, bevor er nach Biel zügelte. Er starb 1909 in der Armenanstalt Worben bei Lyss.

Rödiger gehörte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu den treibenden Kräften in mehreren landwirtschaftlichen Vereinigungen. So war er 1856 Initiant und Gründungsmitglied des Vereins Schweizerischer Landwirte (auch als 'Schweizerischer Bauernverein' bekannt) mit dem 1858 als Zusammenschluss der kantonalen landwirtschaftlichen Vereine gegründeten Schweizerischen landwirtschaftlichen Centralverein und den meisten kantonalen landwirtschaftlichen Vereinen in der Deutschschweiz zum Schweizerischen Landwirtschaftlichen Verein (SLV) zusammenschloss. Dem Zusammenschluss voran gingen teilweise heftige Debatten zwischen Rödiger und Im Thurn, Johann Heinrich (1813-1884)--DB1717 (vgl. dazu bspw. Schweizer Bauernzeitung, 1860, S. 95f). Auch bei der Gründung der Gesellschaft Schweizerischer Landwirte (GSL) 1882 spielte Rödiger eine wichtige Rolle.

Im Januar 1863 gehörte Rödiger u.a. zusammen mit Planta, Andreas Rudolf von (1819-1889)--DB2729, Schatzmann, Rudolf (1822-1886)--DB3066 und Schild, Joseph (1824-1866)--DB3100 zu den Gründungsmitgliedern des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Vereins (SAV), dessen Sekretariat er bis Ende 1889 betreute und von 1886 bis 1889 auch die Geschäftsführung besorgte. 1889 wurde er von Merz, Friedrich (1858-1919)--DB2348, Stebler, Friedrich Gottlieb (1852-1935)--DB3423, Schröter, Carl (1855-1939)--DB3251 und Risch, Matthäus (1831-1908)--DB2884 aus seinem Amt als Geschäftsführer und Sekretär des SAV verdrängt.

Nach der Annahme des Alkoholgesetzes 1887 wurde Rödiger, der sich, ähnlich wie Schneeberger, Johann Friedrich--DB4493, schon in den 1850er Jahren mit der Branntweinfrage beschäftigte und selber Brennapparate herstellte und vertrieb, vom Bundesrat beauftragt, mit Brennern die Entschädigungen für die Einstellung der Alkoholproduktion aus Getreide und Kartoffeln auszuhandeln und den Aufkauf der Brennapparate durchzuführen.

Als bekannter Kulturtechniker war Rödiger in der ganzen Schweiz bei Meliorationen und Quellenerschliessungen ein gefragter, wenn auch umstrittener Berater. Mit Erzinger, Heinrich (1824-1884)--DB967, dem Herausgeber des 'Wohlerfahrenen Bauern', lieferte sich Rödiger vor Gericht und in der Öffentlichkeit ebenso Auseinandersetzungen wie mit Kulturingenieuren und anderen Meliorationsfachleuten.

Einen wesentlichen Teil des öffentlichen Wirkens von Fritz Rödiger machte seine rege publizistische Tätigkeit aus. Von 1854 bis 1881 gab er die Allgemeine schweizerische Bauernzeitung heraus. Diese änderte ihren Titel mehrmals und stellte 1863 ihr Erscheinen (wie das 'Wochenblatt für Landwirtschaft') vorübergehend ein, um die 'Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitung' als gesamtschweizerisches Medium und Sprachrohr des neu gegründeten Schweizerischen Landwirtschaftlichen Vereins nicht zu konkurrenzieren. 1884 verfasste Rödiger im Auftrag des Schweizerischen Handels- und Landwirtschaftsdepartements einen Bericht über die Förderung des landwirtschaftlichen Meliorationswesens und die Einführung eines kulturtechnischen Dienstes in der Schweiz. Im Volkswirtschaftslexikon schrieb er 1889 den Abschnitt über die Geschichte der schweizerischen Landwirtschaft. Von 1861 bis 1884 gab Rödiger zusammen mit Fellenberg-Ziegler, Albert von (1819-1902)--DB1028 den Schreibkalender für schweizerischer Landwirte und Bauern (später Moser's Schreibkalender) heraus. Ausserdem übernahm er 1886 nach dem Tod von Schatzmann die Redaktion der 'Alpwirtschaftlichen Monatsblätter', die er in 'Alpen- und Jura-Chronik. Monatsschrift für Alpwirtschaft und Viehzucht' umbenannte. Nach der Ausbootung Rödigers aus dem SAV wurde das Publikationsorgan ab 1891 wieder in 'Alpwirtschaftliche Monatsblätter' umgetauft. Rödiger veröffentlichte zudem regelmässig Artikel in der Schweizerischen Landwirtschaftlichen Zeitschrift, der 'Grünen', dem Organ des Schweizerischen Landwirtschaftlichen Vereins, das zuerst von Monnard, Carl (1831-1904)--DB2410 redaktionell betreut wurde. Schon in den frühen 1860er Jahren setzte er sich für die Einführung landwirtschaftlicher Fortbildungsschulen ein.

Rödiger war ein debattierfreudiger Reformer, der nicht nur mit seinen politischen und beruflichen Kontrahenten in der Öffentlichkeit stritt, sondern auch mit seinen Freunden. Zu diesen gehörte Fellenberg-Ziegler, Albert von (1819-1902)--DB1028, mit dem er 1860 in der Schweizer Bauernzeitung darüber debattierte, ob und allenfalls wie die Branntweinproduktion staatlich geregelt werden sollte.

Bekannt wurde (und blieb) Rödiger aber vor allem auch als Verfasser zahlreiche Sing- und Volksschauspiele, bei denen er auch Regie führte. Zusammen mit Albert Fellenberg-Ziegler gehörte er zudem zu den frühesten Verfechtern der homöopathischen Heilmethode.

Autor: Peter Moser

Quellen und Literatur

Eigene Publikationen

  • Die beste Kartoffelkulturmethode. Leicht fasslich dargestellt, Frauenfeld, Verlags-Comptoir
  • Bodenverarmung und Bodenbereicherung oder Gründlicher Wiederersatz der Ernten. Eine Feldpredigt für Bauern und Herren, Solothurn, Verlag von Jent und Gassmann 1869
  • Rad und Hemmschuh in der Land- und Alpwirthschaft oder Praxis und Dilettantismus. Fach- und Flugschrift zur Abwehr der gegen ihn geschleuderten Anklagen im Betreff des 'Alpwirthschaftlichen Vereins der Schweiz'. Nebst einem kräftigen Nachworte von Albert von Fellenberg-Ziegler, Biel, Buchdruckerei Albert Schüler 1890
  • Zwanzig Lügen und was dazu gehört! Herausgegeben von Heinrich Erzinger und Gustav Abel. Beleuchtet von Fritz Rödiger. Ein Beitrag zur Geschichte der Entwicklung der landwirtschaftlichen Vereins- und Drainierungsfrage in der Schweiz, Aarau 1859
  • Doctor Joseph Schild: Lebensbild eines Alpenfreundes, Bern 1866
  • Schreib- und Hülfskalender für schweizerische Landwirte (hrsg. zusammen mit Albert von Fellenberg-Ziegler)
  • Die Frauen in der Alpwirtschaft, in: Alpwirtschaftliche Monatsblätter 1886, S. 145-149
  • Director Rudolf Schatzmann. Ein Lebensbild, Beilage in: Schweizerisches Landwirtschaftliches Centralblatt, 26.6.1886

Quellen

  • AfA Personendossier Nr. 324 (Darin auch: Notizen von Rödiger zum eigenen Lebenslauf)
  • Peter Moser, Landwirtschaft, in: Solothurner Kantonsgeschichte des 20. Jahrhunderts
  • Thut, Walter: Drainröhren - ihre Entwicklung und Verbreitung. Ein Beitrag zur Technikgeschichte der Landwirtschaft mit spezieller Berücksichtigung der Schweiz. Lizentiatsarbeit Historisches Institut der Universität Bern 1996
  • Alpwirtschaftliche Monatsblätter resp. Alpen- und Jurachronik (1887-1890)
  • Erzinger, Heinrich: Fritz Rödiger, der grosse Entsumpfungs-Apostel gemeiner schweizerischer Eidgenossenschaft, oder die Kunst: Wie man 'in Drainage macht'. Ein Beitrag zur Charakteristik moderner Industrie und gerichtlich geretteter Ehre, Frauenfeld, 1858

Schlagworte

AllemagneSuisse - SchweizKanton SolothurnKanton AargauKanton SchaffhausenSchweizerische Alpwirtschaftliche MonatsblätterSchweizerischer Alpwirtschaftlicher Verein (SAV)

Rödiger, Fritz (1824-1909)--DB2898

Peter Moser, Rödiger, Fritz (1824-1909)--DB2898 .