Stebler, Friedrich Gottlieb (1852-1935)--DB3423

Stebler, Friedrich Gottlieb (1852-1935)--DB3423

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Person

Lebensdaten

11.08.1852-07.04.1935

Mädchenname, Herkunftsort bzw. Heimatort

Seedorf bei Aarberg (BE)

Zivilstand, Konfession, Nachkommen

Soziale Herkunft, verwandtschaftliche Beziehungen

Sohn eines Landwirts und Müllers in Safnern

Ausbildung, berufliche Tätigkeit und Funktionen in der Öffentlichkeit

Ausbildung

Universität Leipzig: Dr. phil. 1875, Studium der Landwirtschaft 1874-1875; Universität Halle: Studium der Landwirtschaft 1872-1874 (mit einem Stipendium der Berner Regierung); Studienreise nach Kiel und Kopenhagen; Landwirtschaftliche Schule Rütti 1870-1872

Berufsausübung

Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau, Zürich-Reckenholz (FAL, ehemals Oerlikon, gegründet als Schweizerische Samen-Control-Station): erster Vorstand (Direktor) 1878-1917 (als Vorgänger von Volkart, Albert (1873-1951)--DB3669), Initiant; ETHZ: Privatdozent 1876-1903; Private Samenkontrollstation im Mattenhof in Bern: Leiter (nach der Übersiedlung nach Zürich 1876 führte er die Samenkontrollstation auf privater Basis weiter); Brennereiinspektor im Kanton Bern

Funktionen in landwirtschaftlichen Institutionen

Gesellschaft Schweizerischer Landwirte (GSL): Mitglied 1905-; Highland Agricultural Society of Scotland: Ehrenmitglied 1903; Schweizerischer Landwirtschaftlicher Verein (SLV): Ehrenmitglied 1917, Redaktor der Schweizerischen landwirtschaftlichen Zeitschrift (Die Grüne) 1881-1882 (als Nachfolger von Kraemer, Adolf (1832-1910)--DB2000 und Vorgänger von Anderegg, Felix (1834-1911)--DB86) und 1889-1917 (als Nachfolger von Anderegg, Felix (1834-1911)--DB86 und Vorgänger von Glättli, Gottlieb (1864-1923)--DB1283); Verein ehemaliger Schüler der landwirtschaftlichen Schule Rütti-Zollikofen: Präsident 1880-1883 (als Nachfolger von Bachofner, Christian--DB163 und Vorgänger von Klening, Jakob (1844-1907)--DB1938); Landwirtschaftlicher Verein des Kantons Solothurn: Ehrenmitglied

Funktionen in anderen Institutionen

Funktionen in der Politik

Biographische Skizze

Friedrich Gottlieb Stebler besuchte von 1870 bis 1872 die Landwirtschaftliche Schule Rütti, die unter der Leitung von Häni, Rudolf (1833-1896)--DB1479, einem Experten für Futterbau und Verfechter eines engen Praxisbezugs der Ausbildung, stand. Danach absolvierte er ein landwirtschaftliches Praktikum in Fleurier. Vom Herbst 1872 an studierte Stebler mit einem Stipendium des Regierungsrates des Kantons Bern in Halle Landwirtschaft und Biologie. Nach einer längeren Studienreise nach Hannover, Schleswig-Holstein und Dänemark, auf der er die aufkommenden Untersuchungen des landwirtschaftlichen Saatgutes, d.h. die Samenkontrolle, in der Praxis kennenlernte, liess sich Stebler 1874 in Leipzig nieder. 1875 promovierte er hier in den Fächern Landwirtschaft, Botanik und Nationalökonomie. Nach Steblers Rückkehr nach Bern ernannte ihn der Regierungsrat zum kantonalen Brennereiinspektor.

Stebler erhielt schon in den 1880er Jahren grosse internationale Anerkennung als Spezialist für den Futterbau. Sein 230 Seiten umfassendes Lehrbuch 'Der rationelle Futterbau. Praktische Anleitung für Landwirte und für den Unterricht an landwirtschaftlichen Lehranstalten' erreichte noch im Erscheinungsjahr 1881 zwei weitere Auflagen. Zusammen mit dem Biologen Schröter, Carl (1855-1939)--DB3251 veröffentlichte er in der Folge Lehrherbarien und Monographien über Futterpflanzen, die teilweise in mehreren Auflagen erschienen und u.a. in die englische, französische und russische Sprache übersetzt wurden. Im Schweizerischen Landwirtschaftlichen Jahrbuch veröffentlichte Stebler mehr als ein Dutzend Beiträge zur Kenntnis der Matten und Weiden der Schweiz, die zu Grundlagenwerken der Pflanzensoziologie wurden.

Stebler förderte die Anpassung der bäuerlichen Betriebsführung an die durch die Transportrevolution geschaffenen neuen Verhältnisse in der europäischen Landwirtschaft. In der Förderung und Verbesserung des Futterbaus erblickte er aber nicht eine Konkurrenz zum Getreidebau, sondern vielmehr ein Mittel, um diesen zu verbessern. Ein besserer Futterbau ermögliche einen Ausbau des Viehbestandes, der die zu einem rationelleren Getreideanbau notwendigen Nährstoffe liefere, argumentierte Stebler; und eine Erhöhung des Viehbestandes wiederum vermehre die Nachfrage nach Stroh aus dem Getreidebau, der zudem auch aus Gründen des Fruchtwechsels wichtig bleibe.

Nach seiner Rückkehr aus Deutschland gründete Stebler im Winter 1875/76 in Bern eine private Samen-Controllanstalt, die er nach seiner Habilitierung am Polytechnikum in Zürich vorerst auf privater Basis weiterführte. Der Bund übernahm die Controllanstalt im Jahr 1878 aufgrund von Vorstössen des Schweizerischen Landwirtschaftlichen Vereins, der sich unter der Leitung seines Präsidenten Baumgartner, Bonaventura (1822-1884)--DB243 für eine aktivere Beteiligung des Bundes an den landwirtschaftlichen Bildungs- und Ausbildungsbestrebungen einsetzte. Der Bund gliederte die Samenkontrollstation zuerst der ETH an und setzte Stebler als Vorstand (Leiter) ein. Die Samencontroll- und Versuchsanstalt errang zu Steblers Zeit als Vorstand von 1878 bis 1917 internationale Anerkennung. Zudem wurde 1907 hier auch die Getreidezüchtung aufgenommen, die vorher ausschliesslich in Mont-Calme bei Lausanne unter der Leitung von Martinet, Gustave (1861-1928)--DB2277 betrieben worden war. Unter Steblers Nachfolger Volkart, Albert (1873-1951)--DB3669, der schon seit der Aufnahme der Getreidezucht im Jahr 1907 in diesem Bereich die Federführung innehatte, erfolgte ein starker Ausbau der Getreidezüchtung in Oerlikon. Gleichzeitig wurden Samenproben nicht nur aus der Schweiz, sondern auch für Einsender aus Europa und Übersee untersucht.

Stebler redigierte von 1881 bis 1882 und von 1889 bis 1917 mit grossem Erfolg die Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift, besser bekannt als Die Grüne. Hier veröffentlichte er zahllose Abhandlungen zum Futter- und Ackerbau, zur Futterkonservierung und zur Alpwirtschaft. 'Unsere Richtung ist die wissenschaftliche, gepaart mit der Praxis', schrieb er 1881 in der SLZ. Steblers Ziel war es, Wissenschaft und Praxis zu verbinden. Die Auflage des Organs des Schweizerischen Landwirtschaftlichen Vereins stieg während seiner Tätigkeit als Redaktor von rund 100 auf 18'000 Exemplare an. Nichts illustriert seinen Praxisbezug besser als diese flächendeckende Verbreitung eines den Dialog zwischen der Wissenschaft und der bäuerlichen Praxis fördernden Publikationsorgans in bäuerlichen Kreisen.

Ab den 1890er Jahren beschäftigte sich Stebler immer intensiver mit den Lebensbedingungen der Bergbevölkerung. Dazu veröffentlichte er auch zahlreiche, von der historischen Forschung heute als Quellenwerke benutzte Monografien. Eine umfangreiche Fotosammlung, die Stebler vor allem auf seinen zahllosen Wanderungen im Berggebiet anlegte, ist erhalten geblieben: Ein Teil davon befindet sich im Archivbestand der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) im Schweizerischen Bundesarchiv, ein anderer Teil im Alpinen Museum in Bern.

Autor: Peter Moser

Quellen und Literatur

Eigene Publikationen

  • Der rationelle Futterbau. Praktische Anleitung für Landwirte und für den Unterricht an landwirtschaftlichen Lehranstalten, Berlin 1881
  • Der rationelle Getreidebau in der schweizerischen Landwirtschaft, Bern, 1883
  • Veröffentlichungen von Friedrich G. Stebler, zusammengestellt von E. Neuweiler, in: SA Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, LXVII (1922), S. 202-208
  • Veröffentlichungen von Friedrich G. Stebler, in: Volkart, Albert: Dr. F. G. Stebler zum 11. August 1922. Zürich: Gebr. Freitz, 1922, S. 202-208

Quellen

  • AfA Personendossier Nr. 1027
  • Lehmann, Josef 2003: Von der Kontrollstation zum nationalen Zentrum für Agrarökologie: zur Geschichte der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Zürich-Reckenholz 1878-2003. Zürich-Reckenholz, Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau, S. 24-25
  • Moser, Peter: Züchten, Säen, Ernten. Agrarpolitik, Pflanzenzucht und Saatgutwesen in der Schweiz 1860-2002. Baden, hier+jetzt, S. 124
  • Volkart, Albert: Dr. Friedrich G. Stebler zum 11. August 1922, in: SA Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, LXVII (1922, S. 199-202)
  • Volkart, Albert: Dr. Friedrich Gottlieb Stebler, in: SLM 1935, S. 127-129
  • Archivbestand Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (Getreidearchiv) (AfA Nr. 295)
  • Archivbestand Schweizerischer Landwirtschaftlicher Verein (AfA Nr. 315)
  • Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift, 1952, S. 971f.
  • AfA Filmdossier Nr. 1115

Schlagworte

Suisse - SchweizKanton BernKanton ZürichEidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau - Zürich-Reckenholz (FAL)Gesellschaft Schweizerischer Landwirte (GSL)Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift (Die Grüne)Schweizerischer Landwirtschaftlicher Verein (SLV)Solothurnischer Bauernverband (SOBV)Schweizerische Vereinigung der AgrarjournalistenVerein ehemaliger Schüler der landwirtschaftlichen Schule Rütti

Stebler, Friedrich Gottlieb (1852-1935)--DB3423

Peter Moser, Stebler, Friedrich Gottlieb (1852-1935)--DB3423 .